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5 Ergebnis

Im folgenden wird das erfaßte Meinungs- und Erfahrungsspektrum wiedergegeben, wobei keine Gewichtung der Aussagen durch deren Reihenfolge erfolgt. Durch die noch wenig diskutierte Kombination von Mediation und Landschaftsplanung konnte sich nicht jeder Befragte zu jeder Frage qualifiziert äußern. In der Gesamtschau war es aber möglich, zu allen befragten Aspekten verwertbares Wissen einzuholen. Durch die inhaltlich z.T. miteinander zusammenhängenden Problemstellungen war es notwendig, in den einzelnen Kapiteln Querverweise auf weitere Ergebnisdarstellungen zum gleichen Thema einzubauen.

5.1 Mediation in Theorie und Praxis

Die unklare Verwendung des Begriffs Mediation in Theorie und Praxis wurde in Kapitel 4.2 bereits erläutert. Es werden teilweise Begriffe wie `Dialogmanagement´ oder `Konsensstrategien´ dem der Mediation vorgezogen, was zum einen den Modewortcharakter umgeht und zum andern eine Selbsterklärung bietet.

5.1.1 Informationsvermittlung und Akzeptanz

Der erste Fragenkreis behandelt die Möglichkeit der Informationsvermittlung und der Schaffung von Akzeptanz durch Mediationsverfahren. Der Grundtenor zur Möglichkeit einer erfolgreichen Informationsvermittlung bzw. zur Schaffung von Transparenz des jeweiligen Verfahrens durch eine kooperative Planung bzw. Mediation ist durchweg positiv. Alle Befragten stimmen darin überein, daß mehr Informationen bereitgestellt werden, Wissen erhöht und ein guter Informationstransport erreicht wird. Es kommt eine differenziertere Argumentation zustande, die Einfluß auf die Qualität der Planung hat (vgl. Kapitel 5.1.2).

Als ebenso bedeutend wie die am Anfang eines Verfahrens stehende Informationsvermittlung wurden mitunter auch andere Aspekte angeführt. Hierzu zählen

Als problematisch wird aus theoretischer Sicht angesehen, daß eine Erhöhung des Wissensstandes durch Mediationssitzungen nicht meßbar ist und die jeweilige Aufnahme und Verarbeitung von Fakten personenabhängig ist.

Deutlich zurückhaltender äußerten sich die Befragten zur Möglichkeit, durch Mediationsverfahren Akzeptanz für den jeweiligen Planungsvorgang zu schaffen. Akzeptanz wird in Teilfragen erreicht, die sich zu einem konsensfähigen Teil sammeln, wohingegen sich ein nichtkonsensfähiger Teil herauskristallisiert. Daher wird zu Bedenken gegeben, daß der offene Planungsprozeß, der das Planungsergebnis am Anfang offen läßt und in kooperativen Verfahren vorausgesetzt wird, im Gegensatz zu dem konventionellen decide-announce-defend-Ansatz (vgl. Kapitel 4.1.2), nicht zwangsläufig zu Akzeptanz führt. Allerdings wird gesehen, daß das Planen `mit offenen Karten´ und ehrlichen Antworten auf Konsequenzen der Planung dankbarer von den Bürgern aufgenommen wird, als Beschwichtigen und dem Schaffen von Tatsachen, was ein Ohnmachtsgefühl gegenüber den Entscheidungträgern erzeugt.

Weiterhin wird der eingangs in Kapitel 4 formulierte Dreisprung Konsens Þ Akzeptanz Þ Umsetzung durch einen Befragten in abgewandelter Form ausgedrückt: `Mitarbeit schafft Identifikation mit den Ergebnissen, was die Umsetzung fördert´.

5.1.2 Qualität der Planung

Auf das Potential von Mediation, die Qualität von Planungsprozessen zu erhöhen, wurde in Kapitel 4.4.2 grundlegend eingegangen. Gegenüber der dort noch vorsichtig formulierten These, Mediation könnte die Qualität von Planungsprozessen erhöhen, äußerten sich alle Befragten durchweg eindeutig positiv. Durch das höhere Angebot an Information, den erhöhten Informationsaustausch und das weitere Spektrum an Sichtweisen durch die Betroffenen, die in das Verfahren eingetragen werden, kommt ein durchdachteres Ergebnis mit den Meinungen aus den unterschiedlichen Interessengruppen zustande. Die an der Planung vorgetragene Kritik wird qualifizierter und durch die Betroffenenbeteiligung wird nicht an den Interessen und Bedürfnissen der Bürger vorbeigearbeitet.

Differenzierter wurde die Art der Qualitätserhöhung hinterfragt, ohne jedoch Antworten geben zu können. Es können keine Aussagen darüber gemacht werden, ob eine Qualitätserhöhung eintritt für die Umwelt, die Wirtschaft, die Akzeptanz des jeweiligen Plans, die Finanzen des Vorhabenträgers oder für soziale Parameter.

5.1.3 Förderer und Bremser

Das Antwortspektrum zur Frage, welche Gruppen Mediationsverfahren fördern und welche es bremsen, ist sehr heterogen. Ein Teil hält die Frage auf der Ebene der Gruppen für falsch angesetzt. Es sei nicht gruppenspezifisch pauschalisierbar, sondern personenabhängig. Ein anderer Teil erkennt zunächst die öffentliche Hand als Förderer. Außerdem zählen dazu Menschen mit einem Profilierungsbedürfnis und solche, die das entsprechende Selbstverständnis für kooperative Verfahren mitbringen. Die Verwaltung, die zunächst die Verfahren ausdrücklich unterstützt und einleitet, beginnt allerdings dann zu bremsen, wenn ihr die Entscheidungsfindung zu schnell geht, das Verfahren Mehrarbeit bedeutet oder Grenzen angetastet werden, die über das hinausgehen, was von ihr als Verhandlungs- oder Ergebnisspielraum vorgesehen war. Als Bremser werden weiterhin auch Politiker ausgemacht, die weniger auf gute Argumente bauen, als auf `Seilschaften´, und politische Gremien, die ihren Alleinentscheidungsanspruch berührt sehen.

Wirtschafts- und Umweltgruppen diskutieren nach Aussagen von einem Teil der Befragten stark, ob eine Teilnahme am Verfahren sinnvoll ist (`Bringt uns das was?´) und welche Konsequenzen sie nach sich zieht (`Auf was lassen wir uns da ein?´). Ihnen wird allerdings attestiert, daß sie sich bis zum Ende des Verfahrens beteiligen, wenn sie sich zur Teilnahme entschieden haben.

5.1.4 Motivation und Mitarbeit

Mit ein Kernpunkt von Mediation ist die Einbindung des betroffenen Bürgers (zu Partizipation siehe Kapitel 3.1). Diese muß allerdings zum richtigen Zeitpunkt erfolgen. Falls noch kein Interesse zur Mitarbeit vorhanden ist, muß dieses zunächst durch Aufklärungsarbeit geschaffen werden. Eine zu frühe Einbeziehung birgt die Gefahr, daß für die potentiell Betroffenen noch keine Aussicht auf verwertbare Vorteile besteht und damit die Motivation zur Mitarbeit gering bzw. nicht vorhanden ist. Motivationsprobleme ergeben sich ebenfalls, wenn sich das Verfahren zeitlich in die Länge zieht und mögliche Erfolge nicht mehr in Relation zum Zeit- und Arbeitsaufwand stehen.

Prinzipiell wurden Unterschiede beim Einbringen von Zeit und Mitarbeit gesehen. Ähnlich wie in Kapitel 5.1.3 hält wiederum ein Teil der Befragten die Frage der Mitarbeit am Verfahren für personenabhängig, da nicht Gruppen, sondern Individuen mitarbeiten bzw. sich nur dann einbringen, wenn ihre eigenen Belange betroffen sind. Ein anderer Teil sah ehrenamtliche TeilnehmerInnen, allerdings ebenfalls interessengruppenunspezifisch, als engagiert in den Diskussionen. Aus beruflichen Gründen abgesandte TeilnehmerInnen hingegen sind schwieriger zur Mitarbeit zu bewegen, da sie trotz des dienstlichen Auftrags einen Teil ihrer Freizeit für die oftmals am Abend stattfindenden Sitzungen opfern müssen.

5.2 Anwendbarkeit von Mediation

Eine Hauptfragestellung der vorliegenden Arbeit ist die Anwendbarkeit von Mediation in der Landschaftsplanung. Verschiedene Aspekte mit ihren Hindernissen sollen beleuchtet und Lösungen gesucht werden.

5.2.1 Notwendigkeit von Zielen

Aufgrund der in Naturschutzkreisen aufgetauchten und in Kapitel 3.3 vorgestellten Diskussion über Naturschutzqualitätsziele (NQZ) wurde hierauf in einer Frage Bezug genommen. Da die Befragten einerseits keine ausgewiesenen Naturschutzexperten sind und andererseits die Frage naturschutzfachlich sehr speziell ist, konnten hier zwar nur grundlegende Aussagen gewonnen werden. Dennoch wirken sie für die in Fachkreisen noch andauernde Diskussion unterstützend.

Einig waren sich die zum Thema Befragten, daß logisch aufgebaute, systematische Positionen und Leitbilder als Referenzpunkte für jede Partei notwendig sind. Eine in NQZ formulierte Wertehierarchie muß deutlich gemacht werden, da sie bei der Planung bei jeder Partei mitschwebt. NQZ können gleichsam als Verhandlungsmasse in das Verfahren eingebracht werden, so daß dem Motto `agieren statt reagieren´ gefolgt werden kann, wenn eigene Planungsideen vorstrukturiert enthalten sind.

5.2.2 Finanzierung

Hintergrund der Frage nach der Finanzierung von Mediationsverfahren im kommunalen Bereich sind die fast täglichen Pressemeldungen über die leeren Kassen der bundesdeutschen Städte und Gemeinden. Daher wurde nach anderen Finanzierungsquellen als die der öffentlichen Hand gefragt. Das Antwortspektrum läßt sich in zwei Teile gliedern. Der eine Teil zeigt sich vom Argument der `leeren Kassen´ nicht beeindruckt und verweist auf die Verteilung der Gelder als entscheidendes Kriterium, nicht auf die vorhandene Geldmenge. Die Verteilung erfolgt nach politischer Bedeutung: ist diese für ein Mediationsverfahren groß genug, dann werden Mittel dafür bereit gestellt.

Der andere Teil sucht nach Lösungswegen für die Finanzierungsfrage. Denn selbst bei vorhandener politischer Bedeutung muß die Gemeinde über das notwendige Geld verfügen können. Fünf verschiedene Wege wurden vorgeschlagen:

Darüber hinaus wurde die Verwaltung aufgefordert, stärker als vermittelnde Partei aufzutreten (vgl. Kapitel 5.2.3 und 5.4). Es wurde auch kritisiert, daß die finanziellen Vorteile von kooperativen Verfahren, die langwierige und investitionshemmende Entscheidungen vor Gericht mitunter vermeiden können, oft nicht gesehen werden (sog. `Milchmädchenrechnung´).

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Abbildung 11: Der `Interkommunale Mittler´: ein Finanzierungsweg für Mediationsverfahren könnte der des `Interkommunalen Mittlers´ sein, der von verschiedenen Gemeinden bezahlt wird und in Problemfällen in Anspruch genommen werden kann. (Quelle: eigene Darstellung)

5.2.3 Kooperation als Zeichen der Zeit

Aus der Frage, ob der Planer selbst die Mediatorenrolle im gleichen Verfahren mit übernehmen kann, entwickelten sich grundsätzliche Antworten über die Rolle der Verwaltung und ihre Möglichkeiten innerhalb kooperativer Verfahren. Die Möglichkeit, daß der Planer zugleich auch Konfliktmittler sein kann, zogen die Befragten in Zweifel, da er ebenfalls als Partei Eigeninteressen verfolgt und seinen Plan verteidigt. Dennoch wurde diese Option als in Ausnahmefällen als gangbar angesehen, wenn der Planer von den anderen Parteien als neutral angesehen wird. Ebenso kann es möglich sein, daß lokal oder regional anerkannte Personen des öffentlichen Lebens, wie z.B. Bürgermeister oder Landräte, die Moderation von Vermittlungsrunden übernehmen.

Unabhängig voneinander kamen mehrere Befragte vom Thema "Planer und Mediation" auf "Verwaltung und Kooperation" zu sprechen, das dem Problemkreis Mediation zeitlich vorgeschaltet ist: `Im Grunde müßte man an der Verwaltung ansetzen, die informativ und kooperativ tätig werden müßte.´ Nach Meinung eines Befragten muß daher unterschieden werden in den Stil der kooperativen Verwaltung auf der einen Seite und der Form der Mediation auf der anderen. Der Verwaltung selbst obliegt es, Runde Tische oder Arbeitskreise zu Planungsfragen einzurichten. Kommunale Bedienstete können in der Moderatorentechnik und in Konfliktmanagement geschult werden, um eigenständig mit auftauchenden Problemen und betroffenen Bürgern umgehen zu können (vgl. Kapitel 5.4). Auf die Institution des `Interkommunalen Mittlers´ wurde im vorigen Abschnitt bereits eingegangen, auf sei hier noch mal ergänzend verwiesen.

Losgelöst von der Frage, ob der Planer in Konflikten vermittelnd eingreifen kann, wurde geäußert, der Planer müßte frühzeitig mit den Betroffenen der Planung Kontakt aufnehmen, um die Konfliktfelder und -potentiale herauszuarbeiten. Dieses Selbstverständnis von Planern ist allerdings eine Generationenfrage und sei durchaus noch nicht verfahrensmäßiger Standard, aber `kooperatives Handeln als Stil ist eigentlich ein Zeichen der Zeit´ (vgl. Kapitel 5.4).

Was den Zeitpunkt des Einsatzes von Mediation angeht, war das Meinungsspektrum zweigeteilt. Zum einen wird der Standpunkt des end-of-pipe-Einsatzes vertreten: Mediation ist erst sinnvoll, wenn ein Konflikt vorhanden und erkennbar ist. Zum andern wird der Einsatz von Mediation von vornherein propagiert, um Konflikte erst gar nicht entstehen zu lassen. Damit ist das Problem der Motivation zur Beteiligung angesprochen, die erst dann erfolgt, wenn Aussicht auf verwertbare Vorteile besteht (vgl. Kapitel 5.1.4).

5.2.4 Umsetzungsbegleitung

Bei der Frage nach der Umsetzungsbegleitung von Maßnahmen im Rahmen von Mediationsverfahren muß prinzipiell zwischen Umsetzungsbegleitung und Erfolgskontrolle unterschieden werden. Während eine Umsetzungsbegleitung sich direkt an das planaufstellende Vermittlungsverfahren anschließt, kann eine Erfolgskontrolle im Bereich Naturschutz und Landschaftspflege erst in der nächsten Generation stattfinden.

Das Antwortspektrum zur Umsetzungsbegleitung der im Plan geforderten Maßnahmen via Mediationsrunde reicht von

Die Antworten zeigen einerseits die positive Grundhaltung gegenüber einer Umsetzungsbegleitung, machen andererseits aber gleichzeitig deutlich, daß es dergleichen nicht bzw. kaum gibt. Nur ein Befragter berichtete von einem Verfahren, in dem die Umsetzungsbegleitung von Anfang an als wichtiger Verfahrensbestandteil vorgesehen war. Diese Verfahrensweise wird von anderen Befragten als Möglichkeit in Betracht gezogen, wenn das Kontrolltreffen im Mediationsverfahren vereinbart wurde und wenn die gleichen Teilnehmer mitwirken, die auch schon bei der Maßnahmenerarbeitung mitsprechen durften. Prinzipiell sollte Öffentlichkeitsarbeit die Umsetzungsmaßnahmen begleiten, um öffentlichen Druck zu ihrer Durchführung zu erzeugen.

Allerdings wird zu Bedenken gegeben, daß das Verfahren zeitlich nicht überstrapaziert werden sollte, um die Motivation der TeilnehmerInnen nicht zu gefährden (vgl. Kapitel 5.1.4). Eine Feedback-Konferenz kann nach längerer Pause sinnvoll sein. In Bonn bspw. findet eine Validierung der kommunalen Umweltqualitätszielkonzeption nach 5 Jahren statt, was der Hälfte des angesetzten Zeithorizonts entspricht.

5.2.5 Bekanntheitsgrad

Der bisher durchaus positiven Grundstimmung gegenüber Mediation und Landschaftsplanung wird bei der Frage nach dem Bekanntheitsgrad von Mediation ein erster Schlag versetzt. Auf Gemeindeebene wird er als gering bis gegen Null gehend eingestuft. Ein kleiner Teil des Antwortspektrums hält Mediation in gemeindlichen Umwelt- und Planungsabteilungen für tendenziell bekannt. Bei Bürgermeistern sollen kooperative Prozesse aus der täglichen gemeindeübergreifenden Arbeit bekannt sein. Damit zeichnet sich für die Kommunalebene ein Bild der punktuellen Bekanntheit von Mediationsverfahren gegenüber einer flächenhaften Unbekanntheit ab.

Besser steht es nach den Aussagen der Befragten mit dem Bekanntheitsgrad auf höheren Ebenen der gemeindlichen Zusammenschlüsse, der Gemeindeverbände. Die Einschätzungen reichen von tendenziell bekannt bis zu hohem Bekanntheitsgrad, wobei zu Bedenken gegeben wird, daß z.T. nur ungenaue Vorstellungen darüber herrschen, was das Schlag- und Modewort `Mediation´ bedeutet.

5.3 Probleme von Mediation und Landschaftsplanung

Prinzipiell wir der Einsatz von Konfliktmittlungsverfahren in der Landschaftsplanung als gutes Anwendungsfeld gesehen, da Verhandlungsmasse vorhanden ist. Aber es ergeben sich einige Probleme damit, sie von den bisher gelaufenen Verfahren, auf die Ebene des kommunalen Landschaftsplans herunterzubrechen. Zunächst werden einige allgemeine Schwierigkeiten und die grundlegende Relevanz von Mediation und Landschaftsplanung angesprochen (Kapitel 5.3.1), dann das spezielle juristische Problem der Übernahme der Maßnahmen in den Bauleitplan (Kapitel 5.3.2).

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Abbildung 12: Bekanntheitsgrad von Mediation. Je höher die gemeindliche Organisationsebene ist, desto bekannter werden Konfliktmittlungsverfahren unter dem Schlag- und Modewort `Mediation´. (Quelle: eigene Darstellung)

5.3.1 Relation und Relevanz

Das Spektrum der generellen Schwierigkeiten, die mit einem Einsatz von Mediationsverfahren in der Landschaftsplanung gesehen werden, ist weit gefächert. Angeführt wird,

Desweiteren wurden Fragen aufgeworfen, die z.T. schon in anderem Zusammenhang angesprochen wurden:

Neben den betroffenen Verwaltungszweigen, insbesondere Naturschutz- und Landwirtschaftsabteilungen, sind die `Träger öffentlicher Belange´ (TöB), wie Naturschutz- und Landwirtschaftsverbände, Gewerkschaften, Kirchen, Stromversorger u.a., beteiligt. Die Masse der Landwirte wir nicht als das richtige Pendant in den Mediationssitzungen gesehen.

Der oben angesprochene Mangel an für eine Mediation notwendigem Konfliktpotential wurde auch in anderer Form formuliert. Das Verfahren bindet einen großen Zeit- und Personalaufwand. Daher muß die anstehende Planung eine bestimmte Relevanz aufweisen (`nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen´) oder politisch ausreichend brisant sein, worauf auch schon bei der Finanzierungsfrage in Kapitel 5.2.2 hingewiesen wurde. Die Anwendung setzt zum einen Flächenknappheit voraus, zum andern den Beteiligungswillen der betroffenen Gruppen und wird aus Gründen der Relevanz nur in Einzelfällen stattfinden, lauten die Einschätzungen der Befragten.

Als wichtiges Gegenargument wird allerdings auf die zunehmende Flächenknappheit für
Bau-, Gewerbe- oder Naturschutzgebiete verwiesen, die zu einer Konfliktzunahme und dadurch zu einer Relevanzzunahme von Konfliktmittlungsverfahren führen wird.

5.3.2 `Wo ist Platz für eine Mediation?´

fragte einer der Experten zum Anwendungsfeld von Mediation und Landschaftsplanung. Schwerwiegende Bedenken wurden gegen einen Einsatz in den Bundesländern geäußert, in denen der bereits abgewogene, nicht rechtsverbindliche Landschaftsplan bei der Aufnahme in die rechtsverbindliche Bauleitplanung nochmals abgewogen wird. Die dadurch stattfindende `Doppelabwägung ´ sei für Fragen des Natur- und Landschaftsschutzes `kontraproduktiv´. Für die Länder, in denen der Landschaftsplan selbst oder die erarbeiteten Maßnahmen durch direkte Übernahme in die Bauleitplanung Rechtsverbindlichkeit erlangen, werden Workshops oder Runde Tische als sinnvoll angesehen, aber nicht unbedingt eine Mediation.

Folgt man diesem Argument der `Doppelabwägung´, bleiben nur die Länder Bayern, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen als potentielle Anwender übrig, da hier, wie in Kapitel 3.1.4 schon vorgestellt, entweder die Primärintegration ohne eigenständigen Landschaftsplan gilt (Bayern und Rheinland-Pfalz), oder der Landschaftsplan selbst als Satzung direkte Rechtsverbindlichkeit entfaltet (Nordrhein-Westfalen).

5.3.3 Auswahl der Beteiligten

Mehrfach wurde die Frage aufgeworfen, wer die Akteure bei einer Mediation in der kommunalen Landschaftsplanung sein sollten. Gemeindeverwaltung, Fachbehörden für Naturschutz, Landwirtschaft, Verkehr u.a. und Träger öffentlicher Belange als klassische Beteiligte wurden genannt. Die Landwirte in ihrer Masse wurden von einem Befragten nicht als die richtigen Verhandlungspartner angesehen. Kritisch wurde auch die Auswahl der Beteiligten gesehen, da hierüber eine gewisse Steuerung des Diskussionsergebnisses durch Ausschluß bestimmter Interessengruppen möglich ist. Es wurde geäußert, daß die Gefahr bestehe, Mediationsverfahren könnten zur `Konsens-Beschaffung´ mißbraucht werden. Die Auswahl müsse mit Sorgfalt geschehen und dürfe keine Gruppe von vornherein ausschließen, um nicht die Glaubwürdigkeit des Verfahrens aufs Spiel zu setzen.

5.4 Zukunftschancen von Mediation

Prinzipiell werden kooperativen Prozessen im allgemeinen und Mediation im speziellen zur Vorbereitung von Verwaltungs- bzw. Parlamentsentscheidungen in Zukunft Bedeutungszuwächse eingeräumt. Gleichzeitig werden jedoch auch Einschränkungen gemacht. Während ein Befragter zur Zeit eine Stagnation der Nachfrage erkennen will und eine Zunahme erst in 10 bis 15 Jahren sieht, berichtet ein anderer Befragter von steigendem Nachfrage- und Informationsinteresse nach kooperativen Prozessen und Mediation. Er weist allerdings darauf hin, daß dies noch nicht eine steigende Anwendung solcher Verfahren bedeutet. Ein wichtige Einschränkung, die mehrfach für Kooperation und insbesondere auch für Mediation gemacht wurde, ist die Beschränkung der Anwendung auf `herausragende Konflikte´, `spezifische Situationen´ oder `zentrale Probleme´, um einige Stimmen aus dem Spektrum herauszugreifen. `Die Verfahren werden keine grundsätzliche Anwendung finden´ oder `Mediation wird dort ein wichtiges Instrument sein, wo Interessengruppen gut organisiert auf der politischen Bühne stehen´ sind ergänzende Aussagen der Befragten (vgl. Kapitel 5.3.1). Als entscheidend für die Beantwortung der Frage nach den Zukunftsaussichten ist die Frage, wo man die Grenze von Mediation und Kooperation zieht (vgl. die Schwierigkeit bei der Abgrenzung von Mediation in Kapitel 4.2.2).

Auf der bundespolitischen Bühne wird z.Zt. mit dem Trend zur Deregulation, der Beschleunigung von Verwaltungsverfahren (vgl. Investitionserleichterungs- und WohnbaulandG) ein den kooperativen Planungsprozessen gegenläufiger Ansatz verfolgt. Dagegen bedeutet Kooperation und Mediation Offenheit, nicht nur Offenheit des Verfahrensausganges, sondern Offenheit den direkten Verhandlungspartnern und den immer mündiger werdenden Bürgern gegenüber (vgl. Kapitel 5.1.1). Ein Befragter machte insbesondere die Verwaltung und ihren unpassenden Umgang mit betroffenen Bürgern für Konfliktsituationen verantwortlich: `Man kann sich eine ganze Menge Mediationsrunden sparen, wenn die entscheidenden Stellen in angemessener Weise mit ihrem Gegenüber umgehen würden´. Frustrationen des Bürgers stehen beim Kontakt mit der Verwaltung auf der Tagesordnung, da sie sich nicht als Dienstleistung versteht.

Andere Befragte betrachten die stärkere Anwendung von kooperativen Planungsprozessen und Mediation als eine Frage der Zeit, denn jede Planergeneration hat ihr Selbstverständnis, so daß es letztlich eine Generationenfrage ist. Neben dem Abwarten auf die nächste Generation werden auch andere Wege gesucht, um einen Bedeutungszuwachs zu erreichen:

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